Transfergerüchte im «Sternen»

«Jetzt also auch hier», brummelt Ernst Hunziker, als er auf den Bancomaten zuläuft und die beiden Frauen sieht, die an die Hauswand gelehnt Händchen halten. Aus dem Fernseher kennt er das zur Genüge, und meistens kann er gut damit umgehen. Er ist schliesslich weltoffen, das weiss im Ort jeder.

Als er den Code eintippt, steht das innige Paar immer noch da. Hunziker schüttelt den Kopf und geht seine Optionen durch. Als Vorsteher des Ressorts Öffentliche Sicherheit könnte er mehr Polizei oder ein spätabendliches Ausgehverbot für Jugendliche fordern. «Hunziker macht ernst!», hatte er ja auf seinen Wahlplakaten angekündigt. Aber die anderen im Gemeinderat würden ihn sicher zurückpfeifen, wegen der Finanzen. Und in seiner Partei gäb’s Zoff mit den Jungen. Die haben grad viel Rückenwind, seit die Aeschlimann Noemi als 22-Jährige zur Ortspräsidentin der Partei gewählt wurde. Für die Noemi würde er beide Hände ins Feuer legen. Das ist eine ganz Flotte.

«Gopf!» Saldo im Minus. Wie soll er jetzt die Runde Schümli-Pflümli im «Sternen» bezahlen, die er dem Gemeinderat nach der Sitzung ausgegeben hat? Es muss ja niemand wissen, dass der «Sternen»-Ruedi ihn nicht mehr anschreiben lässt. Geschieht ihm ganz recht, dem Ruedi, dass er keinen neuen Pachtvertrag bekommt – das jedenfalls erzählt man sich am Stammtisch.

«Kann ich helfen?», ertönt die Stimme von Noemi. Ernst Hunziker dreht sich erschrocken um und sieht, wie ihm eine der Frauen eine Hunderternote entgegenstreckt. «Nimm’s, Aschi, du kannst es mir morgen an der Vorstandssitzung zurückgeben.» Hunziker greift zögerlich nach der Note. «Ah ja», sagt Noemi noch: «Darf ich dir Patrizia vorstellen? Sie ist neu in der Gemeinde und behalt’s noch für dich: Im Herbst übernimmt sie den ‹Sternen›.»

In der Glosse «Bancomat» erzählen wir kleine Geschichten aus dem bunten Alltag unserer Kundinnen und Kunden. «Bancomat» erscheint halbjährlich im Kundenmagazin «ValOr».