Wer dem Geschäftsführer und Mitinhaber der Lehner Versand AG, Thomas Meier, durch das riesige Lager am Hauptsitz in Schenkon folgt, sollte bequeme Schuhe tragen: Über Hunderte Meter geht es vorbei an Regalreihen, gefüllt mit Sandalen, Bettwäsche, T-Shirts und unzähligen Stapeln gefalteter Kartons aller Formate. Dazwischen bewegen sich die Mitarbeitenden mit traumwandlerischer Sicherheit durch das Warenlabyrinth, scannen Produkte ein oder bearbeiten Retouren.
Das Geschäft läuft: «3000 bis 4000 Pakete gehen hier täglich raus», sagt Thomas Meier. Die Jahresumsätze des Versandhauses bewegen sich in dreistelliger Millionenhöhe; in den letzten fünf Jahren wurden 100 neue Arbeitsplätze geschaffen.
Ein Roboterballett für mehr Effizienz
Treppe um Treppe geht es hinauf zur jüngsten Investition des Familienunternehmens: Ende 2022 wurde das Gebäude um zwei Etagen erhöht und darin ein hochmodernes Lagersystem eingerichtet. Motivation für die Investition von 13 Millionen Franken war der anhaltende E-Commerce-Boom, der durch die Corona-Pandemie noch beschleunigt wurde. Die gesteigerte Nachfrage führte dazu, dass der Stauraum knapp wurde.
Auf 500 Quadratmetern Grundfläche stehen 20'000 Behälter mit rund 25'000 Produkten dicht an dicht neben- und übereinander in einem Aluminiumgestell. An der Oberfläche sausen 27 Roboter wie von unsichtbarer Hand gesteuert auf Schienen umher. «Kommt zum Beispiel die Bestellung einer Winterjacke herein, die zuunterst liegt, nimmt ein Roboter mit Greifern alle oberen Behälter weg», erklärt Thomas Meier. Die Box mit der Winterjacke wird softwaregesteuert über einen Lift der Kommissionierstation einen Stock tiefer zugeführt, wo eine Mitarbeiterin die Bestellung versandfertig macht. «Das System kombiniert Mensch und Maschine zu einem optimalen Prozess», so Thomas Meier.
Schnell und raumsparend: Robotertechnik macht die Lagerbewirtschaftung effizient. Die Mitarbeitenden haben als «Gotti» und «Götti» den Rollkasten eigene Namen gegeben.
«Der Effizienzgewinn und die Raumersparnis durch die neue kompakte Lagerung sind enorm», sagt Thomas Meier. «Und unsere Kundschaft wünscht eine immer grössere Auswahl. Mit der Aufstockung des Lagers können wir das Sortiment entsprechend breiter und tiefer gestalten.» Auch für die geplante Eröffnung zusätzlicher Filialen seien die erweiterten Kapazitäten notwendig. Zudem könne das Volumen des Lagersystems mit weiteren Kommissionierplätzen verdoppelt werden.
Wie riskant ist ein solcher Expansionskurs? «Jede Investition birgt Risiken – im Haifischbecken des Versandhandels müssen wir jedoch in neue Technologien investieren, um Geschäftsabläufe zu verbessern und unsere Position zu stärken», erklärt Thomas Meier. Angesichts steigender Kosten für Energie, Löhne, Kartonagen und die etwa 16 Millionen gedruckten Kataloge jährlich sei Wachstum ein Muss. Zusätzlich werden hohe Summen in Schutzmassnahmen gegen Cyberkriminalität investiert, um gravierende Folgen wie Datenverlust und Betriebsunterbrechungen zu verhindern. Damit die Roboter im Warenlager auch künftig rund um die Uhr herumsausen.
Innovative Solarfassade
Beim Aufstocken des Lagergebäudes von 17 auf 30 Meter wurden drei Fassaden mit Solarglas verkleidet, das an der ETH Lausanne entwickelt wurde. Die unterschiedlich geneigten, farbigen Module verändern das Erscheinungsbild des Gebäudes je nach Tageslicht. Die 1210 Quadratmeter umfassende Solarfassade spielt vor allem im Winter ihre Vorteile aus, da sie auch bei tief stehender Sonne und Schneefall effizient Strom produziert. In Kombination mit der Dach-Fotovoltaikanlage werden insgesamt etwa 350'000 kW/h pro Jahr erzeugt, was rund 75 Prozent des Bedarfs des Lehner Versands deckt. In der neuen Tiefgarage können Mitarbeitende ihre E-Autos kostenlos mit selbst erzeugtem Strom aufladen: auch dies eine Investition in ökologische Nachhaltigkeit.
Dieser Artikel erscheint als Beitrag zum Fokus-Thema «Investieren» im Kundenmagazin ValOr: valiant.ch/valor
Fotos: Christoph Grünig